Es ist noch nicht lange her, da ich den Österreichischen Drum & Bass Produzenten Mefjus gerne als „Man of the Moment“ betitelt habe. Dies geschah immer in Hinblick auf seinen akribisch ausgearbeiteten Neuro-Sound, der dieses Subgenre für einige Zeit lang neu zu definieren und die Leerstellen der obligatorischen Standardisierung mit einer vielversprechenden Sound-Ästhetik neu zu besetzen schien. Seine Tunes waren die Lausbuben der Szene, die rotzig, mit Ecken und Kanten und nicht zu bremsender Hyperaktivität im Gemüt die Neuro-Pfeiler beben ließen und die wohl bösartigste Spielart des Drum & Bass mit neuem Glanz bestreuten. Mittlerweile gehören Mefjus-Liedwünsche zum Standart, wenn der DJ seinem Publikum den kleinen Neuro-Finger hinhält. Der Mann aus Linz emanzipierte sich also aus seiner „Man of the Moment“-Rolle und wurde zum Spielleiter. Doch damit einhergehend wurde im Laufe der Zeit auch dieser Sound wie ein Stein im Meer weichgespült, verlor seine Ecken und Kanten, wurde zum Standard. Keineswegs soll hier die Qualität der nach wie vor gewaltigen Musik von Mefjus geringschätzig abgetan und wie ein alter Hut auf die Ablage bugsiert werden. Doch ein Debütalbum zu einer Zeit, in der der Mythos der einstigen Innovation noch nicht verflogen ist, sie jedoch in einem gegenwärtigen Standard aufzugehen scheint, und ein zukünftiger Erfolg des Produzenten möglicherweise im Ausbalancieren eben jener Spannung zwischen Gewesenem und Jetzigem abhängen mag, ist ein nicht einfaches Unterfangen und birgt der Erfahrung nach die Gefahr des Scheiterns in sich.

Nun liegt mir die LP noch nicht in Gänze vor. Doch kann der hier vorliegende Emulation LP Sampler einen Eindruck des kommenden Werkes vermitteln, das dieses Jahr noch auf Critical Music erscheinen soll. Und da regen sich die Gefühle irgendwo zwischen hoffen und bangen gleichermaßen. Wobei der erste Track Suicide Bassline eher die zweitgenannte Regung hervorruft. Denn hier wird jenes oben Beschriebene zu einem Problem, wie ich es schon bei dem ein oder anderen Mefjus-Tune der letzten Zeit zu kritisieren wagte. Ohne große Ideenvielfalt wird hier der schiebend kantige Trademark-Sound des Österreichers bedient. Jedoch nicht in einer Weise, die das Bekannte und einst so Innovative aufgreift, um uns ins Gedächtnis zu rufen, warum Mefjus auf unserer Drum & Bass-Sympathieliste ganz oben steht. Stattdessen wird versucht, das uns geläufige Dancefloor-Material einer Dramatisierung zu unterziehen, die mit noch mehr Gewalt, Druck und Perkussionsbrimborium dem Track ein erneut innovatives Gewand umzuhängen versucht. Und so stolpert Suicide Bassline mit seinem „Voll auf die Fresse“-Gehabe leider bei dem Versuch, mit immer wiederkehrenden Basseinschlägen das Energiepotential des Drops über mehrere Bars aufrecht zu erhalten, über seinen Umhang, der vom Glanz der Vergangenheit nur noch matt geschmückt ist.

Doch der LP Sampler lässt die Hoffnung nicht zuletzt sterben, sondern gibt ihr mit dem zweiten Track Continuous ein weiches Bett aus technoidem Neuro-Fantasmus. Hier vermag das wuchtig schiebende, ausgeklügelt rotzige und sympathisch klackende Mefjus-Trademark die besagte Spannung in wohliger Drum & Bass-Romatik aufzulösen. Es mag nicht der Tune sein, an den man sich auch noch in zehn Jahren erinnert, und doch zeigt er das Potential auf, das Mefjus nach wie vor zu einem der schillerndsten Produzenten des Subgenres macht. Die Kanten sind nicht von der Zeit, aber von einem gereiften Schöpfer etwas runder geworden, ohne ihre Energie, ihre Einzigartigkeit einbüßen zu müssen. Es ist alles noch da, was mich vor einiger Zeit bei den Tunes von Mefjus aufhorchen ließ: Hybridität, virtuose Perkussion, dynamische Basslines, akribisch platzierte Breaks, der Geist von Science Fiction, das Andeuten einer Melodie, die in ihrem Keim nicht weniger als die ganze Welt bedeutet.

Es bleibt also alles offen und das Debütalbum Emulation von Mefjus kann das Album des Jahres werden, aber auch ein dilettantisches Sammelsurium, das den Selbstfindungsprozess eines jungen Künstlers dokumentiert. Als Zugabe der digitalen Version des Samplers gibt es noch den I hate Mondays VIP des Klassikers Signals, der sich durchaus hören lassen kann. Und für alle Vinyl-Liebhaber sei noch erwähnt, dass Suicide Bassline und Continuous nur in dieser Sampler-Form auf dem begehrten schwarzen Gold zu haben sind.

MefjusEmulation LP Sampler erscheint am 27. Oktober auf Critical Music.