Ant TC1 gilt einer der aktivsten Personen in der Drum & Bass Szene. Ihm gehört Dispatch Recordings, er managt das Label Metalheadz und organisert nebenbei noch das Outlook Festival und das Dimensions. Bei der letzten D:FRNT Party im Stadtgarten in Köln hatten unsere Kollegen von 12 Zoll Drum & Bass auf Kölncampus das Vergnügen mit Ant TC1 über Drum & Bass in Deutschland, Ant TC1’s viele Label- und Festivalmachenschaften und seine Vergangenheit als DnB-Head zu quatschen. Hier gibt’s das ganze Interview in deutscher Übersetzung :)
12Zoll: Wie schätzt du die deutsche Szene ein?
Ant TC1: Ich denke, dass in Europa, die deutsche Szene sehr gut ist. In England sind wir schon sehr verwöhnt. Das Publikum geht da regelmäßig steil, vor allem zu der Musik, die es mag. Aber auch hier in Deutschland ist das Publikem sehr gut. Ich meine für Metalheadz und Dispatch läuft es hier super, die Verkäufe sind gut und Drum & Bass hat eine große Community in Deutschland.
12Zoll: Wie bist du mit Drum & Bass Musik in Berührung gekommen?
Ant TC1: Das ist immer eine Frage, über die ich etwas nachdenken muss. Ich meine mittlerweile bin ich schon recht alt und würde nicht sagen, dass ich mit Drum & Bass angefangen habe. Angefangen habe ich mit Rave-Musik, sogar etwas Acid-House und dann Jungle. Und dann kam der Name ‚Intelligent Drum & Bass‘ auf. Danach stand Drum & Bass dann für so ziemlich alles. Ich hab sozusagen mit dem angefangen, dass dann zu Drum & Bass wurde, bevor es auch so hieß.
12Zoll: Was war dein erster Rave?
Ant TC1: Da gab es ein paar Erfahrungen. Eine war als ich im ‚The Black Hole‘ einem Nachtclub der Universität in Huddersfield, meiner Heimatstadt auflegen sollte. Das war das zweite Mal, dass ich für einen Gig dort gebucht wurde und da war ich 15. Beim zweiten mal hatte der Club einen neuen Türsteher, der mich dann nach meinem Ausweis gefragt hat. Ich wurde wegen der Platten und meines Alters sogar von meiner Mutter mit dem Auto vor dem Club abgesetzt. Der Türsteher hat dann gesagt: ‚Nein du kommst nicht rein, du bist nicht alt genug.‘ Dann kam der Promoter der Party runter und meinte: ‚Er ist der DJ! Du musst ihn reinlassen, der Club ist wirklich voll es sind ungefähr 150 Leute hier. Du versaust uns den ganzen Abend!‘ Und ich bin dann zur Telefonzelle gegangen – damals gab es noch keine Handys – und war wirklich am weinen, weil der Türsteher mich nicht reinlassen wollte, weil er wusste dass ich keine 18 war. Das war so eine der ersten Erfahrungen als DJ.
Aber ich habe auch in ein paar Pirate Radio Stations gespielt in Huddersfield, als ich ungefähr 14 war, vor dieser Geschichte. Und bei meinem ersten Rave-Erlebnis war ich 15. Das war in einem Club in Sheffield, der sich ‚The Arches‘ nannte. Es war eine über 16 Party und wir wussten, wenn wir nicht reinkämen, würden wir bis 7 Uhr morgens bis zum ersten Zug warten müssen. Wir hatten nämlich nicht genug Geld für ein Taxi und man brauchte mit dem Auto eine Stunde bis nach Hause. Aber glücklicherweise sind wir reingekommen und es war auch cool und okay, aber es war nicht die beste Erfahrung, ein bisschen seltsam. Ich denke ich habe es mehr genossen in meinem Schlafzimmer zu raven. Tue ich immer noch. (lacht)
12Zoll: Was ist dein All-time-favourite Track?
Ant TC1: Das ist eine Frage die man unmöglich beantworten kann. Ich glaube Tracks die für mich wirklich besonders sind, sind Tracks wie Pennywise – Neuromanca oder Foul Play – Being With You. Wenn ich die höre bekomme ich Gänsehaut. Ich kriege dann dasselbe Gefühl wie das, das ich bekommen habe als ich noch ein Teenager war und die Tracks das erste Mal gehört habe.
12Zoll: Wie siehst du die Drum & Bass Szene generell?
Ant TC1: Sie ist der absolute Wahnsinn. Die Musik gerade ist so gut, wie sie es schon eine sehr lange Zeit nicht war.
12Zoll: Und was liebst du so an Drum & Bass Musik?
Ant TC1: Es ist einfach die Kraft und Energie des Sounds und das Gefühl, das man dadurch bekommt. Auf einem guten Soundsystem hat die Musik einen unglaublichen Effekt auf deinen Körper. Etwas, das du nicht hören kannst, aber du fühlst es. Es ist schwer zu erklären. Ich weiß nicht genau. Ich kann es nie auf das runterbrechen, was es für mich war als ich jung war und angefangen habe die Musik zu hören. Es ist einfach schwer zu erklären.
12 Zoll: Wie ist es für dich das Label Metalheadz zu managen?
Ant TC1: Wenn ich mich an damals erinnere… Ich habe angefangen diese Musik zu hören und damals hätte ich mir nie vorstellen können, dass ich für jemanden wie Goldie das Label manage. Es ist schon verrückt überhaupt daran zu denken. Aber ja es ist gut. Ich genieße die Arbeit. Es ist ein Label der Liebe. Irgendwie ist es auch lustig, wie sich so etwas in einen echten Job verwandelt, weil eigentlich genieße ich es einfach die ganze Zeit. Ich kriege viel gute Musik sehr früh zu hören und es ist einfach eine sehr glückliche Position in der ich da bin.
12Zoll: Viele Leute glauben, dass du Dispatch gegründet hast, aber eigentlich ist das ein urbaner Mythos oder?
Ant TC1: Dafür möchte ich auch keine Anerkennung annehmen, weil es nicht das richtige wäre für etwas Anerkennung zu bekommen, was nicht wahr ist. Diese verrückten Sachen passieren aber manchmal aus bestimmten Gründen. Die eine Hälfte von Hidden Agenda – Jason – Ihr wisst, Mark ist ja vor kurzem traurigerweise verstorben – war in Gesprächen mit einem Vertreiber, um ein Label zu starten. Zu der Zeit haben sie sehr schöne Musik gemacht, aber die war zu deep für Fabio und Creative Source oder auch für Goldie und Metalheadz. Wenn man sich die ersten Dispatch Releases anhört, sind die wirklich sehr sehr deep. Noch bevor irgendwer sonst solche Musik produziert hat – deepe Sachen, abstrakte Sachen. Es klang dann so damals. Man könnte fast sagen, die Musik war der Zeit voraus und das Label war dann die Anlaufstelle, die diese Musik rausbrachte.
12Zoll: Und wie war dann dein Start mit Dispatch Recordings?
Ant TC1: Tatsächlich war es ein Hobby von mir. Ich hatte einen Ganztagsjob und habe viel gearbeitet. Das Label an sich hat, wenn ich ehrlich bin, zu bestimmten Zeiten in seinen 16 Jahren mehr Geld gekostet als es reingebracht hat. Manchmal war es wie ein Hobby in das ich mein ganzes Geld gesteckt habe. Und jetzt bringt es tatsächlich Geld ein. Ich habe dann schon etwas riskiert als ich vor 5 Jahren meinen ‚echten‘ Job gekündigt habe und entschieden habe mich nur auf die Labelarbeit zu konzentrieren. Dann lief es auch immer besser und war lohnenswert. Mehr Musik zu signen, Zeit zu haben sich wirklich mit dem Label zu beschäftigen und auch die Sachen zu promoten. Es scheint gut zu laufen.
12Zoll: Wie entscheidest du welche Tracks du dann letztendlich releasen möchtest?
Ant TC1: Man könnte sagen, wenn man ein Label führt ist das wie eine Art egoistische Repräsentation von dem was einem gefällt. Ich brauche meine Freundin nicht, die mir dann sagt: ‚Oh das ist cool, das geht bestimmt in die Top 10‘ oder sowas halt. Mir ist es egal von wem die Tunes sind, von wo die Tunes sind oder solche Sachen. Wenn ich einen Track höre der mir gefällt, bin ich immer aufgeregt ihn auch rauszubringen oder ihn im Club zu spielen. Ich bringe also nur Sachen raus die mir auch gefallen.
12Zoll: Wie stehst du zu dem Thema Vinyl?
Ant TC1: Es gibt immer ein paar Leute die mich fragen: ‚warum bringst du das nicht auf Platte raus?‘ Das liegt daran, dass es mittlerweile sehr teuer geworden ist. Also mehr wegen den Presswerken – eines der besten ist sogar hier in Deutschland: Optimal – weil die meiste Dancemusik aus Großbritannien kommt haben die alles aus UK immer in Pounds berechnet. Und nach der ganzen Brexit Geschichte geht es dem Pound nicht so gut, sodass man sogar um nur 300 oder 400 Platten pressen zu lassen 15% mehr bezahlen muss. Wenn Optimal hier Platten für Englische Labels presst und die in englischen Pfund berechnet und das dann zurück in Euro gerechnet wird ist das nicht mehr tragfähig. Also müssen die Presswerke die Preise erhöhen. Das ist ein anderes Problem. Es ist einfach noch härter für Vinyl zurzeit als sonst schon.
12Zoll: Und wie steht es mit den digitalen Releases?Viele der neuesten Dispatch Sachen kommen nur noch digital raus.
Ant TC1: Ich würde sagen, Digital zu releasen hat mir mehr Mut gegeben auch mal mit Sachen herumzuexperimentieren, die ich sehr cool finde, bei denen ich aber auch denke es könnten 10 Platten verkauft werden oder 10000. Und das ist das worauf es mir ankommt, weil ich möchte zurückblicken können und sagen, dass ich sehr glücklich bin alle diese Sachen herausgebracht zu haben. Es erlaubt mir jetzt, da auch das Label gut läuft, auch mal ein Risiko einzugehen mit neuen Produzenten und Produzentinnen, die Musik machen und sonst vielleicht keine Chance hätten ihre Sachen zu releasen.
12Zoll: Auf welche Artists sollten wir in der nächsten Zeit besonders achten?
Ant TC1: Das ist wirklich schwer zu sagen. Ich denke es kommt viel gute Musik auf Metalheadz raus. Blocks & Escher haben gerade ein Album fertiggestellt, was absolut unglaublich ist. Ich liebe was diese Typen machen. Bei Dispatch… Gerra & Stone haben ebenfalls ein Album vollendet, das sehr gut ist. Mikal hat gerade etwas produziert, auf das Goldie abfährt und es in jedem Set spielt.
Außerdem gibt’s da diesen Typen der sich Black Barrel nennt und aus St. Petersburg kommt und Dub Head ein Typ aus der Ukraine. Beide machen wirklich tolle Tracks. Und das fast jeden Tag. Black Barrel schickt mir wirklich jeden Tag etwas. Da habe ich auch keine Ahnung, wie er das macht.
12Zoll: Und abschließend: Wie siehst du die Zukunft?
Ant TC1: Ich denke da gar nicht so weit voraus. Aber die Frage bekomme ich oft zu hören. Wenn ihr mir die Frage vor 5 Jahren gestellt hättet und ich würde sie jetzt überdenken, wäre die Antwort wohl die selbe. Es gibt einfach keinen wirklichen Masterplan für mich. Ich möchte nicht so etwas sagen wie: ‚Ich versuche wirklich Metalheadz oder Dispatch zum größten und besten Label zu machen das es gibt.‘ Weil wenn man anfängt so zu denken, fängt man auch an schlechte Musik rauszubringen, nur um einem großen Publikum zu gefallen.
Das Interview wurde geführt von Darius Thies und Jonas Bischof.