Ihr seid da draußen. Menschen, so unterschiedlich wie Drum and Bass selbst und doch ähnlich verrückt. Freaks, die schier endlos Energie und Zeit in die wundervolle, aber manchmal auch anstrengende Szenearbeit stecken. (Wir nennen das Liebe! xD) Promoter, DJs, MCs, Club – oder Labelbetreiber, VJs, Tänzer und Nachtschwärmer.. drumandbassde kann eine Plattform sein um euch und eure Projekte vorzustellen. Hit me up 4 features! (*Link below)

Beginnen wir mit Drum and Bass made in Hamburg.

Violet Core und Dr Woe aka Scary Woods im Interview über sich und ihre Projekte, ihre Events, die Labelarbeit, ihre neue EP „Pulse“ und den einen oder anderen Tipp für Newbies.

1. Hi ihr beiden. Nice, dass wir uns ein bisschen unterhalten. Mit der ‚Bass Forward The Revolution‘ Eventreihe und Bookings wie Forbidden Society, Skynet, Zombie Cats uvm habt ihr euch als Bestandteil der Hamburger Drum and Bass Szene etabliert. Hier legt ihr den Fokus auf dark, hard n heavy. Das ist aber noch lange nicht alles. Ihr seid beide DJs & Producer und veröffentlicht unter dem Namen ‚Scary Woods‘ jetzt eure erste EP ‚Pulse‘ auf eurem eigenen Label Insomnius Music. Wie lange seit ihr schon aktiv?

Violet Core:  Danke für die Einladung! Veranstaltungen mache ich seit etwa 16 jahren, seit 8 Jahren fokussiert auf Drum & Bass mit Bass Forward The Revolution und wir hosten auch die Therapy Sessions Hamburg, die gerade pausieren. BFTR habe ich 2011 mit einem meiner besten Freunde gegründet. Derzeit besteht unsere Crew aus 4 Leuten, von denen drei auch aktiv Drum & Bass auflegen; Dr Woe, Rumo und ich. Musik mache ich seit meiner Kindheit. Mit 3 Jahren habe ich angefangen Tanzunterricht zu nehmen bis ich 19 war. Mit den Jahren kamen Gesangs- und Schauspielunterricht an der „Onstage“, damals noch „Stage School“ hinzu. über Klavier, E- und Bass Gitarre sowie Gesang, auch in diversen Bandzusammenhängen, konnte ich früh meine ersten musikalischen Erfahrungen sammeln. Was das Produzieren elektronischer Musik angeht, habe ich ca. im selben Zeitraum, indem wir BFTR gegründet haben, angefangen. Das Auflegen kam 2014 hinzu. Ich habe just for fun ein paar Scheiben bei Dr Woe aufgelegt und mich am Beatmatchen versucht, was für mich Anfangs eine voll Katastrophe war. Ich wollte es aber unbedingt lernen und so bin ich u.a. auch durch meine eigenen Veranstaltungen, in das DJing reingekommen.

Dr Woe:  Hi! Ich habe mir vor ca. 20 Jahren von meinem Konfirmations Geld meinen ersten Synthesizer gekauft und damals Schlagzeug in der Schulband gespielt. Vorher habe ich schon versucht mit meinem Kosmos Elektro Baukasten erste Klangerzeuger zu bauen, was aber ein eher erfolgloses Unterfangen war. Dann wurden irgendwann Logic und später Reason installiert und erste Beats gebaut. Damals drehte sich aber alles um Hip Hop, wobei zwischendurch auch schon fleißig Jungle Tapes und CDs gesammelt wurden. 2004 fing ich an aufzulegen und Platten zu sammeln, erst nur alleine im stillen Kämmerlein. Zwei, drei Jahre später lernte ich „The Outrider Crew“ kennen und von da an organisierten wir ein paar Jahre lang in und um Lübeck verschieden Club Nächte und Open Airs. 2010 bin ich nach Hamburg gezogen, wo ich von den etablierten Crews gut in Empfang genommen wurde und des Öfteren bei Drumbule, Hoch10 und einigen anderen Drum & Bass Reihen spielte. 2013 kam das erste Booking von Bass Forward The Revolution und ein paar Parties später wurde ich als Resident DJ und Grafik Designer in die Crew aufgenommen.

photocredits: Peter Adamik

2. Mit ‚Scary Woods‘ geht ihr sound-mäßig in eine eher experimentelle Richtung. ‚Pulse‘. Wie ist Scary Woods und vor allem die EP entstanden? 

Violet Core: 2014 haben Woe und ich angefangen gemeinsam Tracks zu produzieren und in den folgenden Jahren B2B aufzulegen. Wir wollten aber einen neuen Namen für unsere gemeinsamen Projekte haben, da sich ein völlig neuer Style, entgegen unseren eigenen Produktionen in unserer Musik abgezeichnet hat. Scary Woods war ursprünglich die Idee für den Namen unseres Trip Hop Tracks „Watching Trees“, der in einem Urlaub in einem Haus am See, versteckt am Waldrand entstanden ist. Die natürliche Umgebung hat uns enormen kreativen Input gegeben. Dr Woe’s „Lake Of Wisdom“ ist übrigens auch dort entstanden. Unsere EP entstand aus den besten unserer gemeinsamen Produktionen und ist inspiriert durch gegenwärtige Ereignisse. Die vier Tracks erzählen letztendlich eine Geschichte und sollen unsere Reise durch verschiedene Erlebnisse widerspiegeln. Wir haben einiges zu sagen, verarbeiten und drücken uns in unserer Musik aus.

3. Wir kennen uns ja ein bisschen. Ihr habt bei mir mal im Icarus.Club ( Lübeck) gespielt und da ich weiß, dass Woe quasi vom alten Eisen und aus der Rap Szene kommt, Vinyl sammelt und auflegt… Ist jeder Sound, jeder Sample, jeder Scratch selfmade? 

Dr Woe: Als erstes muss ich sagen, dass die Hip Hop Szene aus der ich komme mit dem heutigen Rap Geschehen herzlich wenig zu tun hat. Es war damals vielmehr Graffiti, welches mich in seinen Bann gezogen hat und Rap war eher der Soundtrack dazu. Wir produzieren alle Sounds selbst, z.B. mit externen Geräten wie dem Virus TI oder verschiedenen analogen Synths wie der Bassstation 2. Auch Fieldrecordings, analoge Instrumente und Vocal Recordings kommen zum Einsatz. Fertige Sample Packs und Synth-Patches aus der Konserve benutzen wir prinzipiell nicht, schließlich wollen wir unseren eigenen Sound produzieren und nicht die Arbeit Anderer neu arrangieren. Und ja, auch die Scratches sind selbstgemacht!


http://www.insomnius-music.de/

4. Sitzt ihr dann nachts im stillen Kämmerlein und schraubt? Kommt daher auch der Name des Labels?  

Violet Core: Wir produzieren, sofern der Alltag es zulässt, zu allen Tageszeiten. Die Nacht hat allerdings eine spezielle Energie die unsere Kreativität, anders als Tagsüber, fließen lässt. Kreative Prozesse brauchen Raum zum atmen, weshalb es auch später werden kann. Mischen und Mastern machen wir prinzipiell frühzeitig nach dem Aufstehen, da das Hörvermögen da noch am besten ist. Insomnius bezieht sich u.a. auch auf die elektronische Musik Szene, die sich ja hauptsächlich im Nachtleben abspielt. 

Dr Woe:  Der Name „Insomnius“ selbst, stammt aus einem antiken römischen Märchen das von einem Geist handelt, der den bösen Menschen der Stadt nachts den Schlaf raubt, bis sie den Verstand verlieren.

5. 2016 habt ihr ‚Insomnius Music‘ gegründet. Warum ein eigenes Label? Wäre es nicht einfacher Tunes zu produzieren und die woanders zu releasen? 

Dr Woe:  Uns ist es wichtig, unabhängig von Chefs und Gatekeepern zu arbeiten, unsere eigene Vision zu leben und uns künstlerisch, unabhängig von kommerziellen Bedürfnissen Dritter und medialen Trends, zu entwickeln. Uns ist klar, dass es so der schwierigere Weg ist, aber im Team haben wir all die Skills und Erfahrung die es braucht ein Label zu betreiben, auch wenn wir natürlich noch in einigen Bereichen dazulernen können. Wir haben bis jetzt noch nicht versucht unsere Musik auf anderen Labels unterzubringen, auch wenn es schon einige IntressentInnen gab. Ich glaube es wäre gut für die Individualität der Musik und das Wachstum der hiesigen Szene, wenn mehr KünstlerInnen sich ihre eigene Plattform schaffen würden, anstatt den angesagten, erfolgreichen Labels und Producern hinterherzuhecheln. Ich glaube auch, dass einige MusikerInnen schon viel weiter wären, wenn sie von Anfang an ihr eigenes Ding gemacht hätten, anstatt Jahrelang zu versuchen irgendwo einen Fuss in die Tür zu bekommen. Natürlich muss da jeder seinen eigenen Weg finden und auch auf Insomnius Music wird es bald Musik anderer KünstlerInnen zu hören geben!

6. Wie kann ich mir als absoluter Laie die Labelarbeit vorstellen? 

Violet Core: Das ist ein sehr großes Feld. Vermutlich ist es nicht möglich in diesem Rahmen alles detailliert wiederzugeben. Was wir als LabelinhaberInnen u.a. machen ist fast rund um die Uhr Musik zu hören, E- Mails zu schreiben, Kontakte pflegen zu KünstlerInnen, Presseleuten, zu unserem Vertrieb in Berlin, ProducerInnen suchen und selbst KünstlerIn sein, Messen und Labelevents besuchen und sich mit anderen LabelbetreiberInnen austauschen. Wir schauen uns auch den derzeitigen Musikmarkt an, da wir bspw. auch gerne in der Zukunft Vinyl raus bringen wollen und die Entwicklungen des Marktes auch für andere wichtige Entscheidungen eine große Rolle spielen können. Wir bilden uns in musikrechtlichen Sachen fort und das Marketing ist in Label Händen.

Wir teilen uns derzeit noch alle anfallenden Aufgaben untereinander auf. Wir haben aber auch einen Promoter, der einen Teil unserer Promotion übernimmt. Dann gibt es z.B. noch den Label Newsletter, der Teil unseres Marketing Fahrplans ist und einen wichtigen Informationsträger für unsere HörerInnen darstellt. Es fallen sehr viele Kleinigkeiten an, bei denen man nicht weniger konzentriert arbeiten sollte wie z.B Pressetexte- und Bios schreiben und übersetzen, wofür wir einen Nativespeaker an der Hand haben, um keine fehlerhaften Texte zu veröffentlichen. Erfahrungen sind sehr wertvoll. Hieraus entwickeln sich unsere zukünftigen Pläne. Wir haben also Label und Artist Arbeit und auch viele rechtliche Sachen in Einem zu bewältigen. Marketingpläne werden für jedes Release individuell angepasst. Eine Base haben wir hierfür bereits geschaffen. Am Ende eines Jahres setzen wir uns zusammen und diskutieren, wo Luft nach oben ist, was wir weglassen können und bereiten einen Releaseplan für das kommende Jahr vor, bei dem natürlich auch mal was geschoben werden kann.

Bass Forward The Revolution

7. Was ich bei euch voll interessant finde und was euch abhebt von dem ganzen Rave und Pardy Ding ist, dass Ihr eine politische Botschaft mit dem Musik Ding verbindet – nämlich entschieden Gegen Rechts. Wie wird das angenommen von der Szene? 

Violet Core: Bisher gut. Bass Forward The Revolution hat sich in der Roten Flora gegründet. Auch sind Woe und ich so erzogen worden, dass man Menschen aufgrund von Äußerlichkeiten weder diskriminiert, ausgrenzt oder ihnen rassistisch oder auf sonstige abwertende Art- und Weise begegnet. Zu einer Zeit in der nicht zuletzt die AFD ein Wählerwachstum genießt und sich Neo Nazis wieder trauen, offen ihr rassistisches und auch faschistisches Gedankengut zu propagieren, ist es aus unserer Sicht essentiell, unsere Stimme und auch die Musik zu nutzen, um ein Zeichen dagegen zu setzen. Bass Forward The Revolution bietet ein Rahmen, in dem Menschen sich wohl fühlen und mit ihren FreundInnen eine großartige Nacht erleben sollen. Wir sehen uns und auch andere VeranstalterInnen sowie DJs, in einer Art Vorbildfunktion. Bei unseren Veranstaltungen sind alle Menschen willkommen, die sich an diese Basics halten. Niemand muss diese Punkte teilen, aber wir sind Teil einer Szene, die ursprünglich nie rassistisch gewesen ist, in der es aber leider auch Ausnahmen gab und gibt.

Dr Woe: Musik gibt einem die Möglichkeit eine ernsthafte Botschaft auf angenehme Weise einem breiteren Publikum nahe zubringen. Ich finde als MusikerIn oder allgemein als KünstlerIn sollte man diese Möglichkeit nutzen, auch wenn man dabei Gefahr läuft bei einigen anzuecken! Nur Musik zu machen der Party und des Geldes wegen, ist mir persönlich zu wenig. 

9. Welche Projekte stehen in Zukunft an?  

Dr Woe:  Ich habe gerade meine neue Solo EP fertiggestellt, die Ende November auf Insomnius Music erscheinen wird. Außerdem habe ich letztes Jahr einen Deep Drum & Bass Podcast Namens „Keep Da Bass Rollin´“ ins Leben gerufen, den ich gerade nach und nach zu einer neuen Party Reihe ausbaue. Angefangen habe ich damit schon als zweiter Floor auf unseren BFTR Veranstaltungen. Ansonsten schraube ich schon seit einiger Zeit unter dem Alias „Moonshyna“ an einem Instrumental Hip Hop / Trip Hop Album welches im Laufe des nächsten Jahres fertig sein wird. Auch ein paar neue Scary Woods Tunes sind schon in Arbeit!

Violet Core: Wir wollen gerne auch Releases mit anderen ProducerInnen auf unserem Label rausbringen. Auch will ich mich als Künstlerin verstärkt verwirklichen, das betrifft zum einen meine eigenen Produktionen und auch meine Vocals. Als Scary Woods wollen wir unseren Style festigen. Wir wollen viele weitere Erfahrungen sammeln und sind bereit uns weiterzuentwickeln. Als Label wollen wir uns etablieren und eine feste Plattform schaffen und eine breitere Hörerschaft ausbauen. Auch ist es mir wichtig, weiterhin aktiv den Nachwuchs zu fördern.

10. Falls es noch etwas gibt, was ihr hinzufügen oder loswerden möchtet.. go. 

Dr Woe:  An die jungen Kreativen, Producer, DJs und KünstlerInnen: verfolgt eure eigene Vision, entwickelt euren eigenen Style und macht euch unabhängig von anderen. Versucht nicht eure Vorbilder zu beeindrucken indem ihr sie kopiert, denn nur wenn ihr euren eigenen Weg geht könnt ihr euer ganzes künstlerisches Potenzial entfalten! Darüber hinaus möchte ich mich bei allen bedanken, die uns auf unserem Weg bisher begleitet und unterstützt haben. Besondere Grüße gehen raus an meine Familie, die BFTR crew, Andy.Knight und die ganze Outrider Crew, MC Banause und die Ex-Stigmata Musick Possee, Kobe und alle Oldschool Graffiti Writer, Marius No 1, DJ Goodfella und die Hoch10 Gang.

Violet Core: An alle BookerInnen, angehenden ProduzentInnen und DJs: Macht euch frei von Quoten und konzentriert euch auf die Qualität. Es ist in keinem Fall falsch auf einen Ausgleich in einem Line Up zu achten, allerdings sollte das kein Kriterium sein, jemanden zu buchen. Es sollte „normal“ sein, auch nach neuen KünstlerInnen Ausschau zu halten und Nachwuchs zu unterstützen anstatt Vetternwirtschaft zu betreiben. Schafft aus eigener Kraft euren Traum, seid kein Anhängsel und beißt euch durch bis ihr da seid, wo ihr hin wollt. Ruht euch nicht auf dem was ihr erreicht habt aus. Nur so könnt ihr euch auf Dauer durchsetzen. Traut euch! 

Shouts gehen raus an: meine Family und an meine Crew, Gabriel, Erin, Robyn Chaos, Liza Aikin, Monolog, Sonair und die No Way Fam, die Hoch10 Gang, die Hafenklang Crew, Soraya, Female Pressure und alle anderen Hamburger Drum & Bass Heads und supporter die uns über die Jahre treu geblieben sind und uns als Scary Woods, als Label und mich als Künstlerin auf dem bisherigen Weg unterstützt und begleitet haben.

Hier noch etwas Werbung: Am 6. Dezember feiern wir unser 8 Jähriges Crew bestehen als Bass Forward The Revolution auf der MS Stubnitz in Hamburg. Es wird zwei Floors geben, auf dem Mainfloor wie gewohnt dark, heavy und hard Drum & Bass, auf dem zweiten Floor Deep Drum & Bass, Halftime und Jungle unter Dr Woe’s „Keep Da Bass Rollin”.

weiterführende Links:

https://www.facebook.com/scarywoods

https://soundcloud.com/insomnius-music

http://bftr.blogsport.de/


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